
36 Ressourcenmanagement
ge abgeschaltet. Die Lufttemperatur erhöht
sich, die Produkte erwärmen sich. Es wird
Kälte aus den Produkten ausgespeichert.
Die Produkte dienen als inhärenter Energiespeicher.
Die Kälteanlage bleibt so lange
abgeschaltet, bis die spezifischen Emissionen
unter einem bestimmten Wert gesunken sind
oder die Temperatur der Produkte über durch
die Qualitätssicherung festgelegte Grenzen
steigt. Für letzteres gilt also, dass die Kälteanlage
unabhängig von den spezifischen Emissionen
angeschaltet wird um die Qualität zu
gewährleisten. Der Ablauf ist schematisch in
Abbildung 1 dargestellt.
Simulationen mit einem Computermodell
zeigen, dass sich durch Flexibilisierung
Emissionen für den Betrieb der Kälteanlage
des Kühlhauses einsparen lassen. Aufgrund
einer bestehenden Korrelation zwischen spezifischen
Emissionen und den Day-Ahead-
Preis an der Strombörse lassen sich ebenso
Stromkosten für den Betrieb der Kälteanlage
einsparen. Dies gilt jedoch für die Annahme,
dass der Strombezug vollständig und direkt
an der Strombörse stattfindet.
Im weiteren Verlauf des Projekts wird
untersucht, welche Auswirkungen die Flexibilisierung
des Kühlhauses auf den Energiebedarf
– und somit auf die Emissionen – der
Kühlung während des Transports hat.
Flexibilisierung durch
Sektorenkopplung bei
der Eigenenergieerzeugung
In einem weiteren Teilbereich des Projekts
wird die flexible Stromerzeugung durch
BHKW untersucht. Ziel soll sein, Molkereibetriebe
als proaktive Standorte für die
zielgerichtete Erzeugung von Residuallast
zu gewinnen. Mit dem hohen Wärmebedarf
von Molkereibetrieben lässt sich
möglicherweise das Sektorenkopplungspotential
dieser Standorte gut erschöpfen.
Dazu ist beim Bau neuer oder beim Betrieb
bestehender Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen
(KWK) ein Paradigmenwechsel in
der Dimensionierung und dem Anlagenfahrplan
notwendig. Bisherige Dauerläufereinsätze
der BHKWs müssen den
erneuerbaren Energien entsprechend flexibler
gestaltet werden. Grundsätzlich gilt
dabei das BHKW dann einzusetzen, wenn
die Emissionen im öffentlichen Netz relativ
zum Brennstoffeinsatz im BHKW hoch
sind und der erzeugte Strom hochpreisig
verkauft werden kann. Solche Überlegungen
können in betrieblichen Energieversorgungsmodellen
standortspezifisch optimiert
werden.
Eine bessere Flexibilisierung des
BHKWs kann dann durch entsprechende
Maßnahmen unterstützt werden. Dazu
zählen z. B. das Verschieben von Wärmebedarfen
(wie bereits am Beispiel der
Reinigungsanlagen beschrieben), Ausbau
der Wärmespeicherkapazität oder effizientere
Integration von (zusätzlichen)
Wärmesenken. Der Mehrinvestitionsaufwand
und zusätzlicher Erlös kann durch
KWK-Vergütungszuschläge und optimiertes
Ausnutzen von hohen Strompreisen
ausgeglichen bzw. erzielt werden.
Technisch sind die dargestellten Überlegungen
realisierbar. Ob ein solches
Modell jedoch erfolgreich und wirtschaftlich
sein kann, hängt stark von den gegebenen
betrieblichen Rahmenbedingungen
der Molkerei ab. Zudem spielt die aktuelle
rechtliche Ausgestaltung der Rahmenbedingungen,
sowie die Entwicklung der
Energie- und CO2-Preise eine große Rolle.
Erste Untersuchungen bei Projektpartnern
zeigen, dass bestimmte Verbundkonstellationen
von Anlagen und eine auf betriebliche
und förderrechtliche Rahmenbedingungen
abgestimmte Dimensionierung
und entsprechender Fahrplanoptimierung
erfolgreich sein können. Aktuell scheinen
besonders die förderrechtlichen Bestimmungen
bezüglich beschriebener Vorhaben
nicht immer vorteilhaft ausgestaltet
zu sein. Die Untersuchungen basieren
jedoch auf das Jahr 2020. Besonders die
prognostizierten Entwicklungen auf dem
Energiemarkt lassen vermuten, dass dieses
flexibilisierte Modell tendenziell häufiger
erfolgreich eingesetzt werden kann. Unter
welchen Bedingungen das bei den Projektpartnern
genau sein wird, werden ausführliche
Studien zeigen.
Die Ansätze zeigen vielseitige Möglichkeiten
zur Treibhausgasminderung in Molkereibetrieben.
Die vorgestellten Möglichkeiten
sind jedoch nicht exklusiv für die
Milchindustrie zu verstehen. Industriezweige
mit ähnlichen Betriebsabläufen können
sich durch die vorgestellten Ansätze zur
Treibhausminderung inspirieren lassen.
Abbildung 2: Schematische Darstellung eines flexiblen Anlagenfahrplans orientiert an Day-Ahead-Strompreis und Grid-
Emission-Faktor von Stromproduzenten (BHKW) und Stromkonsumenten (Wärmepumpe oder Kälteanlage) für eine
emissionsarme Wärmebereitstellung durch Sektorenkopplung