
gering. Ein paar frische Pflanzenreste hier
und ein bisschen Mist mit Streu dort genügen
meistens schon. Doch in der heutigen
landwirtschaftlichen Praxis tun wir uns
genau damit häufig schwer.
Zustand
Auf gesunden landwirtschaftlich genutzten
europäischen Böden mit einem intakten
Bodenleben übersteigt die Vielfalt,
aber auch die Biomasse der Organismen
die des oberirdischen Lebens deutlich. Im
Boden der Menge eines einzigen Esslöffels
finden sich so viele Organismen, wie wir
Menschen auf der Erde sind 3. Auch wenn
diese meist winzig klein sind, so kommt an
Biomasse dennoch einiges zusammen. Auf
der Fläche eines Fußballfeldes spielen oberirdisch
normalerweise 22 Spieler ein halbwegs
dynamisches Spiel. Dieselbe Fläche
von unten betrachtet bietet ein hoch komplexes
Zusammenspiel von Organismen, die
eine äquivalente Biomasse von 160 Fußballspielern
auf die Waage bringen 5. Dabei
sind bisher weder die Regeln des Spiels,
noch alle beteiligten Organismen bekannt
oder verstanden. Es wird geschätzt, dass
weltweit 75% der Regenwurm-, 50%
der Ameisen- und 50% der Milbenarten
noch nicht erfasst sind. Bei Bodenmikroorganismen
wie Bakterien oder Pilzen sind
es sogar mindestens 95% 10, 11, 2. Für die
Arten, die bisher bereits in den roten Listen
erfasst werden, zeichnet sich aber ein
höchst besorgniserregender Trend ab. 37%
der Regenwurmarten, 22% der Asselarten,
24% der Doppelfüßlerarten als auch 25%
der Großpilze sind hier als gefährdet aufgeführt
12-15. So groß das Wissensdefizit auf
Einzelartenebene auch ist, so groß ist doch
die Gewissheit, dass wir von diesen Kleinstorganismen
stark abhängig sind. Wir können
es uns nicht erlauben Arten zu verlieren,
die wir bisher zum größten Teil noch
gar nicht kennen. Die Tatsache, dass sich
dieser Verlust nicht bereits in geringeren
Erträgen niederschlägt, ließ sich wohl bisher
durch Düngung, Züchtungsfortschritte
und Agrochemikalien kompensieren. Die
Grenzen dieser Verfahren, die teils hohe
Umweltfolgekosten haben, scheinen jedoch
ausgereizt 4. Der Wert der Bodenfruchtbarkeit
muss wieder als zentrales Element des
Ackerbaus und der Ernährungswirtschaft
anerkannt werden.
Unterstützung
Von der Ruhe, die das Bodenleben zu schätzen
wüsste, kann auf unseren Feldern weitgehend
keine Rede sein, denn dort herrscht
reges Treiben. Häufig sorgt noch der Pflug
dafür, dass die Felder für die Saat bereit
gemacht werden. Doch dieser stülpt den
Lebensraum Boden einmal komplett auf den
Science Slam IGW 9
Kopf. Gerade größere Bodenorganismen wie
Laufkäfer oder Regenwürmer leiden unter
dieser Praxis und verschwinden weitgehend
von den Flächen 16, 17. Doch ein Wandel
zeichnet sich hier ab: Selbst in der ökologischen
Landwirtschaft, in welcher der Pflug
auf Grund des Verzichts auf chemisch synthetische
Alternativen lange als unverzichtbares
Mittel gegen Unkräuter galt, setzen sich
die Verfahren der konservierenden Bodenbearbeitung
langsam durch. Bei diesen Verfahren,
wird der Boden weniger tief und ohne
wenden bearbeitet. Die natürlichen Horizonte
im Boden bleiben intakt und somit auch
der Aufbau des Lebensraums der Bodenorganismen
18.
Gedanken sollten wir uns auch darum
machen, mit welchen Substanzen wir unsere
Böden und das Leben darin belasten. Auch
wenn sich unter den diversen Bodenorganismen
viele finden, die Schadstoffe effektiv
abbauen können, so werden die meisten
anderen dadurch noch stärker beeinträchtigt
als wir selbst 19. Verschiedene Pestizidrückstände
und Kupferpräparate kommen im
Boden zusammen und reichern sich an 16,20.
So kommt es zu Kombinationswirkungen,
die die Populationen von Bodenorganismen
langfristig schwächen. Diese sind bisher
jedoch in der Zulassung der Mittel nicht
berücksichtigt 21, 22. Eine stärkere Besinnung
auf die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes
(IPS) könnte für die Bodenorganismen
bereits viel Positives bewirken.
Zusätzlich sollten beim Einsatz von Insektiziden,
Herbiziden und Fungiziden grundsätzlich
Teilflächen ausgespart werden, um
Im Boden auf nur einem Teelöffel finden sich so viele Organismen, wie
es Menschen auf der Erde gibt.
Auf der Fläche eines Fußballfelds bringt es das Bodenleben auf das Gesamtgewicht
von 11 Tonnen – so viel wie 160 Fußballspieler.