
Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vom 21. März 2018 steht fest, dass § 40 Abs. 1a LFGB grundsätzlich
verfassungskonform ist. Dem Gesetzgeber wurde nur
eine geringfügige legislatorische Nachbesserungsaufgabe ins
Pflichtenheft geschrieben, nämlich die zeitliche Begrenzung
der Veröffentlichung. An die Vollzugsbehörden wird appelliert,
die Norm sachorientiert und verhältnismäßig anzuwenden. Die
Vorschrift sieht eine Information der Öffentlichkeit unter Nennung
der Bezeichnung des Lebensmittels sowie unter Nennung
des Namens des Lebensmittelunternehmers, unter dessen Namen
oder Firma das Lebensmittel hergestellt, behandelt oder in
Verkehr gebracht worden ist, vor. Damit sind die Beteiligten der
gesamten Wertschöpfungskette − von der Industrie bis zum
Handel − potentiell Subjekt einer Meldung.
Staatliche Verhaltenslenkung der Rechtsunterworfenen
durch „weiche“ Informationsmaßnahmen trifft die Unternehmen
oft besonders hart, da in der heutigen Informationsgesellschaft
Informationen
unter Umständen rasend und massenhaft
verbreitet und häufig in drastischer Weise bewertet
oder kommentiert werden. Der hohe Preis einer schwerwiegenden
Unternehmensbeeinträchtigung wird dabei ebenso in
Kauf genommen wie die faktische Entwertung der klassischen
staatlichen Eingriffsbefugnisse. Erschwerend ist zu berücksichtigen,
dass einmal öffentlich zugänglich gemachte Informationen
nicht mehr zurückgeholt werden können.
Ein öffentliches Informationsinteresse kann nur an zutreffenden
Tatsachendarstellungen bestehen. Die staatlichen
Internetportale veröffentlichen hingegen Prognoseentscheidungen
der Behörden, da das Gesetz lediglich einen „begründeten
Verdacht“ eines Rechtsverstoßes fordert und eine
Veröffentlichung schon dann vorsieht, wenn ein Bußgeld von
mindestens 350,00 EUR „zu erwarten ist“. Ein abgeschlossenes
Verfahren mit einem klaren Ausgang wird durch die
Vorschrift gerade nicht gefordert. Damit liegt in der anzustellenden
Bußgeldprognose eine Vorverurteilung, die mit dem
Prinzip der Unschuldsvermutung und mit dem Rechtsstaatsprinzip
nur schwerlich vereinbar ist.
Selbst im Falle einer Richtigstellung hat die mit der Information
verbundene Botschaft zu Lasten des betroffenen Unternehmens
bereits ihre Wirkungen entfaltet. Informationserteilung ist
irreversibel. Insofern hilft auch keine Löschungsfrist oder zeitliche
Beschränkung der Veröffentlichung wie nunmehr vom Bundesverfassungsgericht
gefordert. Das Internet vergisst nicht.
Betrachtet man die Situation insgesamt, so ist festzustellen,
dass klassische Gefahrenabwehr im Rahmen von amtlicher
Überwachung nunmehr durch die schnelle, digital verbreitete
Information abgelöst wird, die die Lebensmittelbetriebe „zur
Räson bringen“ soll. Die beste Strategie der Unternehmen zur
Vermeidung von nachteiligen Veröffentlichungen liegt in der
Prävention. Unternehmensschulungen, ein professionelles Beanstandungsmanagement
sowie qualitätssichernde Unternehmenskonzepte
können ein hohes Maß an „Food Compliance“
gewährleisten. Der Gang zum Verwaltungsgericht kann im Einzelfall
eine juristische Lösung herbeiführen, wenn eine schwerwiegende
nachteilige Veröffentlichung droht, ist aber sicherlich
ein Schritt, der das Verhältnis zur Überwachungsbehörde (weiter)
belastet, ohne gesicherte Erfolgsaussichten aufzuweisen.
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