
Allergen- und Zusatzstoffkennzeichnung
28 1/2018 FOOD-Lab Lebensmittelrecht
bei lose
verkauften Backwaren
Unser Autor: Rechtsanwalt Alexander Meyer-Kretschmer ist Geschäftsführer beim Verband
Deutscher Großbäckereien und stellvertretender Vorsitzender des Technical Committee des
europäischen Brotverbandes AIBI. Er befasst sich seit mehr als 15 Jahren intensiv mit dem
deutschen und europäischen Lebensmittelrecht.
Deutschland ist das Land der Brot-
und Backwarenvielfalt. In kaum
einem anderen Land gibt es eine
derart große Auswahl von Backwaren aller
Art: von unseren legendär vielfältigen
deutschen Brotsorten über Brötchen und
Brezeln bis hin zu Feinbackwaren und Kuchen.
Traditionell nimmt in Deutschland
der Verkauf loser, also nicht vorverpackter
Backwaren, eine sehr wichtige Stellung ein.
Ein dichtes Netz von Bäckereifilialen bedient
die Wünsche der Kunden inzwischen
praktisch überall und rund um die Uhr: ob
im luxuriös ausgestalteten Grand Café mit
schier grenzenloser Auswahl, der Bäckerfiliale
in der Fußgängerzone oder im kleinsten
Kiosk mit belegten Brötchen – lose verkaufte
Backwaren sind überall.
Verpackte und lose
Lebensmittel – verschiedene
Anforderungen
Wenn es um die Fragen der Kennzeichnung
geht gab es jahrzehntelang einen
großen Unterschied zwischen loser Ware
und solcher, die verpackt angeboten wird.
Verpackte Lebensmittel werden quasi als
einzelne autonome Einheiten angesehen.
Die Verpackung muss daher alle Informationen
tragen, die für den Käufer wichtig
sind – also z.B. die Verkehrsbezeichnung,
das Gewicht, die Zutaten, seit kurzer Zeit
den Nährwert – und eben auch spezielle
Hinweise auf Zusatzstoffe und Allergene.
Das ist ein erheblicher Aufwand für die
Anbieter verpackter Ware, von dem Cafés
und Kioske bislang weitgehend verschont
waren. Der Gesetzgeber geht nämlich
grundsätzlich davon aus dass der Kunde
sich die für ihn wesentlichen Informationen
dort beim Personal holen kann.
Jahrzehntelang gab es also bei lose verkauften
Backwaren nur in einem Bereich
überhaupt eine Art Kennzeichnung: nämlich
bei Einsatz bestimmter Zusatzstoffe.
Da reichte dem Gesetzgeber das auskunftsfreudige
Personal eben nicht aus
– auf Konservierungsstoffe, Farbstoffe
und Süßungsmittel muss gesondert – und
schriftlich! - hingewiesen werden. Und
zwar durch Hinweise auf dem Preisschild,
in einem Aushang, einer Speisekarte oder
in der sogenannten Kladde, d.h. einer
Loseblatt-Sammlung zur Verfügung des
Kunden.
Neue Regeln: die
Lebensmittelinformations-
Verordnung
Diese relativ kennzeichnungsfreien Zeiten
endeten mit der Ankündigung des europäischen
Gesetzgebers, das Lebensmittelkennzeichnungsrecht
auf eine neue
Grundlage stellen zu wollen. Die EULebensmittelinformations
Verordnung
1169/2011 (abgekürzt LMIV) brachte neben
zahlreichen Änderungen für die verpackte
Lebensmittel auch neue Pflichten
für die Anbieter lose verkaufter Backwaren.
Nun sollten nämlich auch Allergene in
der Bäckertheke „sichtbar“ werden.
Was sind Allergene?
Bei der Vielzahl an Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten,
über die in
Presse und Fachpublikationen berichtet
wird, stellt sich zunächst die Frage was
denn überhaupt als kennzeichnungspflichtiges
Allergen zu verstehen ist. Hier hat
der Gesetzgeber eine klare Entscheidung
getroffen: er hat alle Lebensmittelallergene,
oder genauer gesagt alle „Stoffe
oder Erzeugnisse, die Allergien oder Unverträglichkeiten
auslösen“ in eine abschließende
Liste geschrieben. Diese Liste,
niedergelegt in Anhang II der LMIV, ist für
verpackte und lose Ware genau gleich. Sie
enthält neben glutenhaltigem Getreide
wie Weizen, Roggen und Dinkel unter anderem
Erdnüsse, Schalenfrüchte wie Mandeln,
Hasel- oder Walnüsse, Milch, Soja
und Sesamsamen – alles wichtige Zutaten
bei Backwaren.