
Erzeugnisse bestimmte geringe Einträge
von allergenen Stoffen im Sinne einer
Kontamination aufweisen können (wobei
Lebensmittelrecht der Begriff der Kontamination hier
nicht gleichzusetzen ist mit einer „Kontaminante“
im Sinne der insoweit einschlägigen
Spezialvorschriften).
Dieser Spurenhinweis ist für die Risiko-
und Sicherheitsbewertung von Relevanz,
da bei der Entscheidung der Frage, ob ein
Lebensmittel sicher ist oder nicht, „die dem
Verbraucher vermittelten Informationen
einschließlich der Angaben auf dem Etikett
oder sonstige ihm normalerweise zugängliche
Informationen über die Vermeidung bestimmter
die Gesundheit beeinträchtigender
Wirkungen eines bestimmten Lebensmittels
oder einer bestimmten Lebensmittelkategorie“
zu berücksichtigen sind.5 Allerdings darf
ein solcher Spurenhinweis nicht missbraucht
werden, indem Unternehmen vermeidbare
Allergeneinträge sehenden Auges in Kauf
nehmen. Entsprechend halten Produktionsunternehmen
in der Regel ein vorbeugendes
betriebliches Allergen-Management-System
als Teil der Guten Herstellungspraxis vor.
Wichtig ist die Feststellung, welcher
Verbrauchertypus den Maßstab für die
Sicherheitsbeurteilung bildet. „Bei der
Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel
gesundheitsschädlich ist, ist
zu berücksichtigen … die besondere
gesundheitliche Empfindlichkeit einer
bestimmten Verbrauchergruppe, falls
das Lebensmittel für diese Gruppe von
Verbrauchern bestimmt ist.“6 Dies bedeutet,
dass eine Kontamination mit
allergenen Stoffen für die Sicherheitsbeurteilung
nur dann von Relevanz ist,
wenn die Lebensmittel ausdrücklich als
zum Verzehr für bestimmte betroffene
Verbrauchergruppen ausgelobt werden.
Dies kann mittels Aussagen wie beispielsweise
„frei von Soja“ oder „geeignet für
Nussallergiker“ erfolgen. Damit führt
eine Kontamination mit einem allergenen
Stoff nicht – jedenfalls bislang7
nicht – zur Bewertung des Lebensmittels
als unsicher, es sei denn, im Rahmen der
Produktinformation wird ausdrücklich
auf die besondere Eignung für Allergiker
hingewiesen.
Wichtig in diesem Zusammenhang sind
die auf der 74. Arbeitstagung am 09. bis
10.12.2014 in Erlangen beschriebenen
„Beurteilungswerte Allergene“8 des Arbeitskreises
der auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene
und der Lebensmittel
tierischer Herkunft tätigen Sachverständigen
16 1/2018 FOOD-Lab 1/2018 FOOD-Lab
16 (ALTS). Die hier geregelten Aktionswerte
und Schwellenwertdosen stellen
jedoch keine normativen, also rechtlich
verbindlichen Grenzwerte dar. Es handelt
sich bei diesen Beurteilungswerten vielmehr
um harmonisierte interne Orientierungswerte
für die Überwachungsbehörden
in Deutschland. Es handelt sich zum
einen um Aktionswerte („Messergebnis"),
deren Überschreitung eine Überprüfung
der Lebensmittelinformation zur Folge
haben kann. Die Aktionswerte sollen der
amtlichen Lebensmittelüberwachung eine
größenordungsmäßige Orientierung geben,
ab welchem Gehalt eines nachgewiesenen,
aber weder als Zutat noch als Spur
gekennzeichneten allergenen Bestandteils
eines Lebensmittels „die Erstellung eines
Gutachtens", also einer Beanstandung,
angezeigt sein kann. Dieses Gutachten
enthält dann eine Empfehlung zur Prüfung,
ob der Eintrag des allergenen Bestandteils
rezepturmäßig über eine Zutat
erfolgte und somit die Kennzeichnungsbestimmungen
der LMIV nicht eingehalten
sind. Bei einer Auslobung „frei von...“
in einem Produkt soll beim Nachweis des
genannten allergenen Stoffes in einer den
Aktionswert überschreitenden Menge in
der Regel eine Beurteilung als gesundheitsgefährdend
9 angezeigt sein. Für
eine Risikobewertung im Einzelfall gelten
die Schwellenwertdosen bezogen auf das
Protein des allergieauslösenden Stoffes
(z. B. „Erdnussprotein"), das über den
Proteingehalt auf das Lebensmittel umgerechnet
wird („Erdnuss"). Es sind dann
die vorhersehbaren Verzehrsmengen des
jeweiligen Produktes zu berücksichtigen,
um zu ermitteln, ob von einem nicht erkennbaren
Stoffeintrag eine Gefahr für
die Gesundheit der Verbraucher ausgehen
kann, wenn über allergene Zutaten nicht
zutreffend informiert wird.
Literatur und Hintergründe
1 Folgende Stoffe werden gemäß Anhang II
der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend
die Information der Verbraucher
über Lebensmittel (LMIV) als allergen und
damit als informationspflichtig bewertet
(Ausnahmen werden nicht aufgeführt):
1. Glutenhaltiges Getreide, namentlich
Weizen (wie Dinkel und Khorasan-
Weizen), Roggen, Gerste, Hafer oder
Hybridstämme davon, sowie daraus
hergestellte Erzeugnisse;
2. Krebstiere und daraus gewonnene
Erzeugnisse;
3. Eier und daraus gewonnene Erzeugnisse;
4. Fische und daraus gewonnene
Erzeugnisse;
5. Erdnüsse und daraus gewonnene
Erzeugnisse;
6. Sojabohnen und daraus gewonnene
Erzeugnisse;
7. Milch und daraus gewonnene Erzeugnisse
(einschließlich Laktose);
8. Schalenfrüchte, namentlich Mandeln
(Amygdalus communis L.), Haselnüsse
(Corylus avellana), Walnüsse (Juglans
regia), Kaschunüsse (Anacardium
occidentale), Pecannüsse (Carya
illinoiesis (Wangenh.) K. Koch),
Paranüsse (Bertholletia excelsa),
Pistazien (Pistacia vera), Macadamia
oder Queenslandnüsse (Macadamia
ternifolia) sowie daraus gewonnene
Erzeugnisse;
9. Sellerie und daraus gewonnene
Erzeugnisse;
10. Senf und daraus gewonnene
Erzeugnisse;
11. Sesamsamen und daraus
gewonnene Erzeugnisse;
12. Schwefeldioxid und Sulphite in Konzentrationen
von mehr als 10 mg/
kg oder 10 mg/l als insgesamt vorhandenes
SO2, die für verzehrfertige
oder gemäß den Anweisungen
des Herstellers in den ursprünglichen
Zustand zurückgeführte
Erzeugnisse zu berechnen sind;
13. Lupinen und daraus gewonnene
Erzeugnisse;
14. Weichtiere und daraus gewonnene
Erzeugnisse.
2 Vgl. Art. 9 Abs. 1 Buchstabe c) LMIV.
3 Vgl. Art. 21 Abs. 1 LMIV.
4 Weblink: https://ec.europa.eu/
food/sites/food/files/safety/docs/
labelling_legislation_guidance_allegens
2017-4864_de.pdf.
5 Vgl. Art. 14 Abs. 3 Buchstabe b) Verordnung
(EG) Nr. 178/2002.
6 Vgl. Art. 14 Abs. 4 Buchstabe c) Verordnung
(EG) Nr. 178/2002.
7 Die lebensmittelrechtliche Bewertung
kann sich ändern. Dieser Beitrag bildet
den Diskussionsstand im Februar 2018 ab.
8 Weblink: https://www.bvl.bund.
de/DE/01_Lebensmittel/01_Aufgaben/
02_AmtlicheLebensmittelueberwachung/
13_ALTS/lm_ALTS_node.html.
9 Im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a)
i. V. m. Abs. 4 Buchst. c) der VO (EG)
Nr. 178/2002.